Geschätzte Gottesdienstgemeinschaft!
Das heutige Evangelium berichtet von der Heiligung des blinden Bettlers in Jericho. Diese Heilung ist nach Markus das letzte Wunder Jesu auf dem Weg nach Jerusalem.
Ich möchte dieses Evangelium in das Dreifachgebot der Liebe auslegen.
Selbstliebe, Nächstenliebe und Gottesliebe
Zu Beginn der Bibelstelle lesen wir von Bartimäus, einem blinden Bettler.
Wo ist der Bezug zur jetzigen Zeit?
Blinde Bettler: Ja, arme Leute begegnen uns auch in Österreich immer wieder, vor allem in den Großstädten. Auch blinde Menschen sind immer wieder sichtbar. Blindheit und Armsein sind in unserem Alltag präsent.
Sind nicht auch wir hin und wieder blind und arm im Denken?
Auch wir sind manchmal blind.
Da fehlt uns die
Weitsicht, die
Durchsicht und manchmal die Zuversicht.
Da kann ich einfach
nicht klar sehen, da kann ich meinen Weg schwer erkennen.
Armsein, auch wir sind manchmal arm.
Nicht nur im materialistischem Sinn, sondern ein Armsein an Liebe, Armsein an Gesundheit, Armsein an Zuwendung, Armsein an Geborgenheit, Armsein an Zärtlichkeit, Armsein an Wertschätzung,…
Der blinde Bettler ruft, es heißt sogar er schreit:
„Rabbuni, hab Erbarmen mit mir!“ Dieses
„Erbarme dich meiner, erbarme dich unser“ ist uns vom Gottesdienst, von Gebeten, Gesängen geläufig. Auch wir beten es immer wieder.
Dieses „Erbarme dich unser“ /
„Kyrie eleison“ - soll uns nicht klein machen.
Nein, es drückt unseren Glauben aus, den wir an Gott haben.
Wir vertrauen darauf, dass Gott uns hilft und tröstet,
wenn wir uns schwach fühlen oder wir in Schwierigkeiten stecken.
Beim blinden Bartimäus erkenne ich den ersten Schritt zu Selbstliebe.
Es braucht ein auf-sich-Schauen:
Ja, ich bin in dieser Hinsicht arm, mir fehlt die klare Sicht. Ich brauche Hilfe.
Ich bitte um Hilfe: Herr, erbarme dich!
Das zweite Augenmerk möchte ich auf die
Menschenmenge richten, die
Jesus begleitet. Als sie den Armen am Wegesrand sehen, heißt es:
„Viele befahlen ihm zu schweigen.“
Geht es uns nicht auch manchmal so, dass wir wen zum Schweigen bringen wollen. ZB – Wenn wieder ein Bettler an der Tür steht und anläutet, dass wir am liebsten die Tür gleich wieder schließen wollen, und gar nicht für ein Gespräch bereit sind und wir uns insgeheim denken: „Schweig!“
Am Anfang haben die Leute den Blinden gehindert zu Jesus zu kommen.
Werden auch wir manchmal gehindert, dass wir richtig glauben können?
Gibt es auch in unserem Umfeld, die uns abhalten an Gott/Jesus zu glauben?
Oder sind sogar wir es, die es für lächerlich empfinden, wenn jemand zu Gott betet und um Erbarmen ruft?
Dann gibt es im Evangelium aber eine Wendung:
Jesus blieb stehen und sagte: „Ruft ihn her!“
Sie riefen den Blinden und sagten zu ihm: „Hab nur Mut, steh auf, er ruft dich.“ Da warf er seinen Mantel weg, sprang auf und lief auf Jesus zu.
Die Menschen machen dem Armen sogar Mut.
Die Nächstenliebe wird erkennbar.
Der Bettler sitzt anfangs am Wegesrand – er rührt sich nicht vom Fleck.
Aber durch das Mutmachen von den Mitmenschen springt er auf und läuft auf Jesus zu. Er kommt in Bewegung.
Manchmal hilft es nicht, wenn wir armselig am Weg sitzen bleiben, manchmal brauchen wir Menschen die uns Mut machen aufzustehen und zu handeln.
Wer fällt mir ein, der mir Mut gemacht hat?
Wo kann ich Mutmacher / Wegbegleiter für jemanden sein?
Wo kann ich helfen, dass jemanden geholfen wird?
Der dritte Teil handelt von der Gottesliebe
Das Wunder und die Wundererzählung sind ein Aufruf an uns Leser,
in Jesus den Meister (Rabbuni) zu erkennen und anzuerkennen,
darauf zu vertrauen und ihm nach zu folgen. Gott zu lieben – mit Gott in Beziehung zu treten.
Der Gottesglaube, er ist nicht wie ein
Automat zu verstehen.
Oben wirft man den Wunsch, die Bitte rein – und unten kommt die Erfüllung automatisch raus. Nein, Gott will mit uns in Beziehung sein.
Er ist immer für uns da, er reicht uns immer die Hand entgegen und will uns begleiten. Gott macht immer den ersten Schritt auf uns zu.
Es liegt an uns, nicht davon zu laufen, sondern auch ihm einen Schritt entgegen zu gehen und in Beziehung zu Gott zu kommen.
Bei der Bibelstelle handelt Jesus nicht einfach mit einem Wunder:
„Ja, ich weiß eh, was du brauchst – ich heile dich“
Nein: Jesus fragt:
„Was willst du, das ich dir tue?“
Er geht ins Gespräch mit dem Glaubenden. Er tritt in Dialog.
Und zum Schluss bestätigt Jesus noch, dass es mehr als nur einen helfenden Gott braucht – es braucht tiefen Glauben:
„Geh, dein Glaube hat dich gerettet!“
Es braucht also 3 Kriterien zum rettenden Glauben – zum lebendigen Wort Gottes:
Es braucht mich:
ich, die nicht arm sitzen bleibt, sondern ich, die um Erbarmen bittet,
ich, die erkennt, dass ich bedürftig bin;
ich, die glaubt, dass es Hoffnung für mich gibt.
Es braucht Menschen um mich, die mir Mut zusprechen, die mich begleiten.
Es braucht mich: vielleicht kann ich jemandem Mut zusprechen und jemandem aufhelfen, vielleicht kann auch ich jemandem helfen, dass er/sie zu Jesus/Gott findet und zur Heilung gelangt.
Und es braucht Gott: Gott der mir Zuwendung, Beziehung, Hoffnung schenkt,
der mir die Augen öffnet, der sich meiner erbarmt,
mich tröstet und mich annimmt wie ich bin.
Gott, wir danken dir für dein Erbarmen!
dass du uns siehst, uns zu dir rufst, und uns die Augen öffnest und uns Rettung zusagst.
Amen.
Doris Sturmer