Gemeinsam sind wir Kirche

Predigtarchiv

Predigt vom 01. Dezember - 1. Adventsonntag

Schwestern und Brüder im Herrn!

Es ist Advent! Das sieht man überall! Die Lichterketten an den Häusern, die Straßenbeleuchtung in den Märkten und Städten, die Dekoration, die Adventkränze, Musik und Konzerte!
Und wir gehen gemeinsam hinein in die geprägte, schöne Zeit der Vorbereitung auf das Fest von Weihnachten.

Apropos „Gehen“: ihr habt gesehen, dass ich noch eine Gehhilfe brauche, meine beiden Krücken, damit ich nach meiner Knie-OP gut gehen kann. Langsam und vorsichtig, aber so kann ich mich abstützen gut gehen!
Das ist wie im Advent! Wir brauchen Gehhilfen, damit wir gut durch den Advent gehen können.
Es gibt viele Gehhilfen im Advent! Auf 2 Gehhilfen möchte ich euch heute besonders aufmerksam machen!

Da ist einmal der Adventkranz!
Wir haben zu Beginn der Messe den Adventkranz hier in der Kirchenmitte gesehen, die erste Kerze entzündet und den großen Kranz und alle Adventkränze, die ihr mitgebracht habt, gesegnet!
Die Adventkränze werden uns begleiten durch die 4 Wochen des Advent! Wir haben Adventkränze in den Klassenzimmern, in manchen Büros und ganz viele haben zu Hause einen Adventkranz.
Jetzt ist er wichtig, wie eine Krücke, wie eine Gehhilfe.
Wenn dann das Fest da ist, werden wir den Kranz mit den 4 Kerzen weggeben, er hat ausgedient und wir haben den Lichterbaum.
Wie meine Krücken: jetzt brauche ich sie zum Gehen, dann aber – die Ärzte sagen nach 4 Wochen – kann ich sie weggeben und kann Gehen, ohne Gehhilfe!
Der Adventkranz ist ein sprechendes Zeichen der Gemeinschaft: die vielen zusammengebundenen Zweige symbolisieren das Miteinander, das Zusammensthehen, das Zusammenhelfen.
Die Kerzen sind wie eine Uhr und zeigen an, wieviel der Adventzeit schon vergangen ist und wie lange es noch dauert bis zum Fest!
Wir haben – gerade in der dunklen Jahreszeit – Sehnsucht nach Licht!
Beim Beten um den Adventkranz möge es Licht werden.
Beim Singen, Musizieren, Geschichten lesen, Beten kann ein inneres Licht aufstrahlen, das uns den Weg weist zum Fest!
Der Adventkranz ist jetzt wichtig und ein guter Begleiter, zu Weihnachten hat er ausgedient! Wie meine beiden Krücken, die jetzt wichtig sind, bald aber in die Ecke gestellt werden.

Wir haben heuer wieder eine zweite Gehhilfe für den Advent!
Alle Kinder bekommen nach der Heiligen Messe da vorne unter der Kanzel ein Kinderpfarrblatt ausgehändigt, das wir aus einer oberösterreichischen Pfarre gekauft haben.
Dieses schön gestaltete Kinderpfarrblatt ist wie eine Gehhilfe durch den Advent! Wirklich schön gestaltet mit Gebeten, Liedern, Texten, Rätseln, Basteltipps und Rezepten hilft es, die Zeit im Advent gut und sinnvoll zu gestalten. Eine echte Fundgrube für die Adventzeit!
Wir laden euch ein: nehmt euch die Kinderpfarrblätter mit nach Hause und verwendet diese „Geh-Hilfe“ im Advent!

Natürlich gibt es noch viele weitere Gehhilfen für die kommende Zeit!
Ihr alle kennt sie: Roratemessen und Adventvorsätze, Zusammenkommen zum Herbergsuchen und Rosenkranzrunden, Musik und Konzerte, Stille und gute Bücher und und und.

Gehilfe, Krücken sind alle diese Vorschläge, die uns helfen können gut durch die kommende Zeit zu gehen!
Dann, wenn das Fest da ist, werden die Krücken zur Seite gelegt und wir laufen auf das Fest zu, auf das Licht der Liebe Gottes, die uns Gemeinschaft verheißt.

Amen.

Pfarrer Franz Kronister

Predigt vom 24. November - Christkönigssonntag

Schwestern und Brüder im Herrn!

Das heutige Hochfest des Christkönigssonntags ist das jüngste unter den Herrenfesten. Es wurde 1925 aus Anlass der 1600-Jahr-Feier des Konzils von Nicäa, dem ersten gesamtkirchlichen Konzil in der Kirchengeschichte, von Papst Pius XI. eingesetzt.
Ursprünglich war es der letzte Oktobersonntag, nach der Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils wurde es auf den letzten Sonntag des Kirchenjahres gesetzt, was auch wieder ganz gut passt: da Christus der Zielpunkt unseres Lebens christlichen Lebens ist, ist das Christkönigsfest ein schöner Abschluss des Kirchenjahres.

„Bist du ein König?“ Diese Frage richtet Pilatus an Jesus.
Die Antwort Jesu lässt aufhorchen: „Ja, ich bin ein König.“ „Aber mein Königtum ist nicht von hier.“

Was kann Pilatus mit dieser Antwort anfangen? Anscheinend nicht allzu viel, lässt er doch wenig später auf das Kreuz Jesu schreiben: „König der Juden.“

Noch entscheidender ist aber: Können wir mit dieser Antwort etwas anfangen?
Oder:
Würden wir, wie Pilatus, Jesus fragen, ob er ein König ist?
Könnten wir so eine Frage überhaupt wertfrei und vorurteilsfrei stellen?
Haben wir nicht alle Bilder und Vorstellungen von Königen in unseren Köpfen? Was erwarten wir von einem König?

Ich denke manchmal geht es uns wie diesem Pilatus, oder zuvor schon einem Herodes, der mit einem anderen König Konkurrenz bekommt. Die eigene Vormachtstellung, die eigene Freiheit ist bedroht, ein anderer König wird schnell zum eigenen Feind!

Ich denke, manchmal geht es uns wie jenen Jüngern, die meinen, mit Jesus als neuem König könnte endlich die verhasste Besatzungsmacht der Römer verjagt werden. Ein neuer starker Mann ist da, der alles richten wird! Er wird mir sagen: so musst du denken, so musst du reden, so musst du handeln, dann brauche ich nicht mehr selbst zu denken, dann bin ich nicht mehr verantwortlich.

Ich denke, manchmal geht es uns wie den Soldaten, die von einem König Prunk und Gold und Reichtum erwarten und mit einem König wie Jesus, der all das nicht braucht und auch nicht will, überhaupt nichts anfangen können. Auf einen König in einfacher Kleidung reagieren sie mit Spott und Hohn und einer Dornenkrone.

Oder welche Vorstellungen machen sich in meinem Kopf breit, wenn ich höre: Jesus Christus – ein König?
Kann ich mich lösen von den Vorstellungen, die sich von der Erfahrung unzähliger weltlicher Herrscher formen? Wir können diese Bilder, diese Geschichten nicht einfach ausblenden.

Ich denke darum tun wir uns schwer mit der Antwort Jesu: „Ja, ich bin ein König.“ „Aber mein Königtum ist nicht von hier.“

Aber wo ist es dann? „Es ist schon mitten unter euch“ sagt Jesus an anderer Stelle.
Seine Macht besteht im Dienen, in der Fußwaschung, im Hinknien vor der Würde eines anderen Menschen.

Sein Königreich definiert sich nicht durch Paläste und Besitztümer und Ländereien, nicht einmal über die Zeit.
Sein Königreich zeigt sich in der Liebe im Hier und Jetzt.

Die Reiche dieser Welt sind vergänglich – wie der Blick in die Geschichte zeigt – das Reich Gottes hat Bestand in Ewigkeit.
Und Jesus, der Christus, ist sein König.
Möge dein Reich groß sein, das Reich des Friedens, der Liebe, der Güte!

Amen.

Diakon Peter Leichtfried

Predigt vom 10. November

Geschätzte Gottesdienstgemeinschaft!

Glauben mit Herz, Hirn, Händen – Glauben als ganze Person – das soll als Überschrift über meinen heutigen Gedanken stehen.

Wir versuchen, unsere Gottesdienste, unsere Liturgie ganzheitlich zu gestalten, der ganz Mensch soll angesprochen werden.
„Was?“ werdet ihr euch fragen, „Es wird doch fast nur geredet in der Kirche – und wir hören zu!“

Ganzheitliche Liturgie, das heißt:
Gott loben mit allen Sinnen - mit dem ganzen Körper, meiner ganzen Person - in meinem ganzen Leben

Mit allen Sinnen: Lasst den Kirchenraum auf euch wirken. Die spitzen Bögen, die Größe unserer Kirche, alles zeigt himmelwärts – ausgerichtet auf Gott.
Wir sehen – viel Goldenes (Symbol für Himmel, Göttliches auf Erden), Kerzen (beim Evangelium, bei der Kommunion symbolisieren das Licht, das von Gott kommt und brennen zum Lobe Gottes), sie geben ein ganz besonderes Licht.
Wir sehen und riechen – Weihrauch (ein besonderes Zeichen der Verehrung, für besondere Messen – wie Weihrauch steigt mein Gebet auf zu dir).
Wir stehen, sitzen, knien, gehen – in den verschiedenen Gebetshaltungen drücken wir Ehrfurcht, Einheit mit Gott, Freude, Trauer aus.
Wir essen – Brot des Lebens, (wir trinken – Wein der Freude).

Wir singen, hören Musik, machen Musik. Musik in unserem Leben, in unserer Liturgie ist etwas ganz wichtiges und besonderes.
Lob Gottes auch durch die Musik ist ein ganz wichtiger Bestandteil ganzheitlicher Liturgie. Viele große Musiker haben zum Lob Gottes komponiert und auch heute werden immer wieder neue Lieder geschrieben, die unser Leben vor Gott bringen sollen und Gott bitten, danken, loben.
Die Lieder, die wir singen im Gottesdienst aus Gotteslob und Liedermappe gestalten und bereichern unsere Feiern. (Gegenbeispiel Irland) Wir in unserer Pfarre sind auch stolz auf unser gemeinsames Singen genauso wie auf unsere Chöre Musica Vocalis, Cantanti Piccoli, Kirchenchor und unsere Musiker und Musikerinnen (besonders auch unsere Organist:innen).
Viele Liedtexte zeugen nicht nur vom Lob Gottes – sie sind auch theologische Zeugnisse: Sie bringen die Theologie, das Glaubensverständnis ihrer Zeit mit. Besonders im Gotteslob gibt es Lieder, die für uns seltsame Texte haben, aber sie sind Ausdruck ihrer Zeit. Oft sind die Lieder kleine Predigten, Gebetstexte, Meditation. Ich möchte euch einladen, weiterhin mit zu singen und euch auch mit den Liedtexten auseinander zu setzen.

Liturgie in meinem ganzen Leben:
Der Gottesdienst in der Verbindung von Gottesliebe und Nächstenliebe, das Lob Gottes darf nicht abgelegt werden bei der Kirchentüre, so wie man einen Mantel ablegt. Lob Gottes in Wort und Tat kann weiter gefeiert und gegeben werden im Leben. Gott vertrauen, seine Liebe weiter schenken - auch hier bin ich als ganzes, ist der ganze Mensch angesprochen.

Die Liturgie ist reich an Symbolen und Zeichen, die den ganzen Menschen betreffen. Die ganze Person, unsere ganze Lebenskraft soll angesprochen sein, mitwirken, der ganze Mensch, mit allen Sinnen, mit allem, was Menschen ausmacht: Gott loben und danken.
Amen.

Monika Liedler

Predigt vom 1. November - Allerheiligen

Geschätzte Gottesdienstgemeinschaft!

Unser Leben ist wie ein riesengroßer Teppich.
An unserem Lebensteppich wird ständig, ein Leben lang, gearbeitet und gewebt. Farbe und Fäden werden zu einem Muster zusammengefügt.
Da entsteht etwas besonderes.

Allerdings ist das Problem, dass wir diesen Lebensteppich nur von der Rückseite sehen, solange wir auf der Welt leben.
Und da sieht er nicht besonders toll aus!
Die Farben passen oft nicht zusammen, das Muster scheint nicht zu stimmen und außerdem hängen überall Fäden heraus, die keinen Sinn zu haben scheinen.

Ein Teppich von der Rückseite, das wisst ihr alle: ein oft abstoßendes Bild. Niemand würde sich ein solches Exemplar in die Wohnung legen oder gar an die Wand hängen!

Bis an unsere Todesgrenze sehen wir unseren eigenen Lebensteppich nur von der Rückseite.
Dann aber, in der Ewigkeit, im Licht der Liebe Gottes, sehen wir unseren gewordenen Lebensteppich zum ersten Mal von der anderen Seite, von der schönen Seite!

Und dann wird es uns wie Schuppen von den Augen fallen: es ist ein farbenprächtiges, herrliches und sinnvolles Muster entstanden!

Die Hässlichkeit der Rückseite mag uns auch verwirrt haben, jetzt sehen wir alles von der anderen Seite, von der Seite Gottes, im Licht der Ewigkeit!

Vielleicht werden wir dann feststellen, dass selbst Tränen und Leid sich gut in das Bild einfügen und Konturen machen, die fehlen würden. Auch dunkle, ja schwarze Fäden geben dem Bild ein besonderes Gepräge!

Wenn wir heute im Evangelium die Seligpreisungen gehört haben, so sind diese Verheißungen Gottes wie bunte Fäden, die wir in unseren Lebensteppich einweben können: „Selig, die Frieden stiften…“, „selig die Barmherzigen…“, „seilg die Trauernden...“

ChristInnen nehmen die Botschaft der Bibel ernst und versuchen, in ihren Lebensteppich die bunten Fäden der Botschaft Jesu einzuweben.

An unserem Lebensteppich weben wir selber jeden Tag – mit unseren Gedanken, Worten und Werken!

An unserem Lebensteppich weben aber täglich auch viele andere Menschen mit: Menschen, die in unser Leben kommen, die uns berühren, manche mit hellen, bunten Fäden, manchmal mit Knoten oder gerisssenen Fäden.

Still und liebevoll webt Gott mit an unserem Lebensteppich, was wir wohl oft gar nicht mitbekommen!

Von den Heiligen, die wir heute ehren, sind wir uns sicher, dass ihr Lebensteppich wunderbar, bunt und farbenfroh geworden ist!

Wie werden wir selber einmal staunen – in der Ewigkeit – wenn wir unseren Lebensteppich von der anderen, von der schönen Seite sehen werden! Amen.

Pfarrer Franz Kronister

Predigt vom 27. Oktober

Geschätzte Gottesdienstgemeinschaft!

Das heutige Evangelium berichtet von der Heiligung des blinden Bettlers in Jericho. Diese Heilung ist nach Markus das letzte Wunder Jesu auf dem Weg nach Jerusalem.
Ich möchte dieses Evangelium in das Dreifachgebot der Liebe auslegen.
Selbstliebe, Nächstenliebe und Gottesliebe

Zu Beginn der Bibelstelle lesen wir von Bartimäus, einem blinden Bettler.
Wo ist der Bezug zur jetzigen Zeit?
Blinde Bettler: Ja, arme Leute begegnen uns auch in Österreich immer wieder, vor allem in den Großstädten. Auch blinde Menschen sind immer wieder sichtbar. Blindheit und Armsein sind in unserem Alltag präsent.
Sind nicht auch wir hin und wieder blind und arm im Denken?

Auch wir sind manchmal blind.
Da fehlt uns die Weitsicht, die Durchsicht und manchmal die Zuversicht.
Da kann ich einfach nicht klar sehen, da kann ich meinen Weg schwer erkennen.

Armsein, auch wir sind manchmal arm.
Nicht nur im materialistischem Sinn, sondern ein Armsein an Liebe, Armsein an Gesundheit, Armsein an Zuwendung, Armsein an Geborgenheit, Armsein an Zärtlichkeit, Armsein an Wertschätzung,…
Der blinde Bettler ruft, es heißt sogar er schreit: „Rabbuni, hab Erbarmen mit mir!“ Dieses „Erbarme dich meiner, erbarme dich unser“ ist uns vom Gottesdienst, von Gebeten, Gesängen geläufig. Auch wir beten es immer wieder.
Dieses „Erbarme dich unser“ / „Kyrie eleison“ - soll uns nicht klein machen.
Nein, es drückt unseren Glauben aus, den wir an Gott haben.
Wir vertrauen darauf, dass Gott uns hilft und tröstet,
wenn wir uns schwach fühlen oder wir in Schwierigkeiten stecken.

Beim blinden Bartimäus erkenne ich den ersten Schritt zu Selbstliebe.
Es braucht ein auf-sich-Schauen:

Ja, ich bin in dieser Hinsicht arm, mir fehlt die klare Sicht. Ich brauche Hilfe.
Ich bitte um Hilfe: Herr, erbarme dich!

Das zweite Augenmerk möchte ich auf die Menschenmenge richten, die Jesus begleitet. Als sie den Armen am Wegesrand sehen, heißt es: „Viele befahlen ihm zu schweigen.“

Geht es uns nicht auch manchmal so, dass wir wen zum Schweigen bringen wollen. ZB – Wenn wieder ein Bettler an der Tür steht und anläutet, dass wir am liebsten die Tür gleich wieder schließen wollen, und gar nicht für ein Gespräch bereit sind und wir uns insgeheim denken: „Schweig!“

Am Anfang haben die Leute den Blinden gehindert zu Jesus zu kommen.
Werden auch wir manchmal gehindert, dass wir richtig glauben können?
Gibt es auch in unserem Umfeld, die uns abhalten an Gott/Jesus zu glauben?
Oder sind sogar wir es, die es für lächerlich empfinden, wenn jemand zu Gott betet und um Erbarmen ruft?

Dann gibt es im Evangelium aber eine Wendung:
Jesus blieb stehen und sagte: „Ruft ihn her!“
Sie riefen den Blinden und sagten zu ihm: „Hab nur Mut, steh auf, er ruft dich.“
Da warf er seinen Mantel weg, sprang auf und lief auf Jesus zu.

Die Menschen machen dem Armen sogar Mut.
Die Nächstenliebe wird erkennbar.
Der Bettler sitzt anfangs am Wegesrand – er rührt sich nicht vom Fleck.
Aber durch das Mutmachen von den Mitmenschen springt er auf und läuft auf Jesus zu. Er kommt in Bewegung.
Manchmal hilft es nicht, wenn wir armselig am Weg sitzen bleiben, manchmal brauchen wir Menschen die uns Mut machen aufzustehen und zu handeln.

Wer fällt mir ein, der mir Mut gemacht hat?
Wo kann ich Mutmacher / Wegbegleiter für jemanden sein?
Wo kann ich helfen, dass jemanden geholfen wird?

Der dritte Teil handelt von der Gottesliebe
Das Wunder und die Wundererzählung sind ein Aufruf an uns Leser,
in Jesus den Meister (Rabbuni) zu erkennen und anzuerkennen,
darauf zu vertrauen und ihm nach zu folgen. Gott zu lieben – mit Gott in Beziehung zu treten.
Der Gottesglaube, er ist nicht wie ein Automat zu verstehen.
Oben wirft man den Wunsch, die Bitte rein – und unten kommt die Erfüllung automatisch raus. Nein, Gott will mit uns in Beziehung sein.
Er ist immer für uns da, er reicht uns immer die Hand entgegen und will uns begleiten. Gott macht immer den ersten Schritt auf uns zu.
Es liegt an uns, nicht davon zu laufen, sondern auch ihm einen Schritt entgegen zu gehen und in Beziehung zu Gott zu kommen.
Bei der Bibelstelle handelt Jesus nicht einfach mit einem Wunder:
„Ja, ich weiß eh, was du brauchst – ich heile dich“
Nein: Jesus fragt: „Was willst du, das ich dir tue?“
Er geht ins Gespräch mit dem Glaubenden. Er tritt in Dialog.
Und zum Schluss bestätigt Jesus noch, dass es mehr als nur einen helfenden Gott braucht – es braucht tiefen Glauben: „Geh, dein Glaube hat dich gerettet!“

Es braucht also 3 Kriterien zum rettenden Glauben – zum lebendigen Wort Gottes:

Es braucht mich:
ich, die nicht arm sitzen bleibt, sondern ich, die um Erbarmen bittet,
ich, die erkennt, dass ich bedürftig bin;
ich, die glaubt, dass es Hoffnung für mich gibt.

Es braucht Menschen um mich, die mir Mut zusprechen, die mich begleiten.
Es braucht mich: vielleicht kann ich jemandem Mut zusprechen und jemandem aufhelfen, vielleicht kann auch ich jemandem helfen, dass er/sie zu Jesus/Gott findet und zur Heilung gelangt.

Und es braucht Gott: Gott der mir Zuwendung, Beziehung, Hoffnung schenkt,
der mir die Augen öffnet, der sich meiner erbarmt,
mich tröstet und mich annimmt wie ich bin.

Gott, wir danken dir für dein Erbarmen!
dass du uns siehst, uns zu dir rufst, und uns die Augen öffnest und uns Rettung zusagst.
Amen.

Doris Sturmer

Predigt vom 13. Oktober

Liebe Gottesdienstgemeinschaft!

Sowohl in der Lesung als auch im Evangelium geht es um Reichtum. In der Lesung wird im Buch der Weisheit der Reichtum der Weisheit angepriesen, bezugnehmend auf die allseits anerkannte Weisheit des Königs Salomo. Der Autor dieses Bibelabschnittes stellt das Erlangen von Klugheit und Weisheit über alle irdischen Güter dieser Erde. Sogar mehr als Gesundheit und Schönheit liebt er die Weisheit, schreibt er.

Aber was ist Weisheit? Weisheit ist wesentlich mehr als Gescheitheit und Intelligenz. Weisheit leitet sich unter anderem vom altindischen Wort Veda = Wissen ab. Know How, gewusst wie! Wie ich Probleme und Herausforderungen am schlüssigsten und sinnvollsten bewältigen kann, das würde ich als weise bezeichnen, verbunden mit der Fähigkeit, Zusammenhänge von Natur und Leben richtig zu deuten.

Und damit bin ich direkt beim Evangelium und bei der Begegnung Jesu mit dem reichen Mann. Ist es weise von Jesus, diesen Menschen, der sich um ein redliches Leben bemüht und dafür gelobt, belohnt werden will, so vor den Kopf zu stoßen, indem ihm Jesus empfiehlt sein ganzes Hab und Gut zu verkaufen, sein komplettes, nicht unerhebliches Vermögen her zu geben? Noch einmal zur Vergegenwärtigung: Der Mann, dem Jesus hier begegnet ist offensichtlich gesetzestreu, wohlhabend und Jesus gläubig wohlgesonnen: Er bezeichnet ihn als guten Meister. Und nachdem der Mann bestätigt, die von Jesus aufgeführten Gebote von Jugend an befolgt zu haben, umarmt ihn Jesus freundschaftlich. Aber gleichzeitig frustriert ihn Christus durch seine Worte. Ich zitiere: „Eines fehlt dir noch“, sagt Jesus, „verkaufe, was du hast, gib es den Armen und du wirst einen Schatz im Himmel haben“! Der Mann wendet sich traurig von Jesus ab, „denn er hatte ein großes Vermögen“, heißt es weiter im Text. Die Jünger sind entsetzt über den scheinbaren Affront Jesu, diesen wohlmeinenden Menschen so zu brüskieren. Aber Jesus setzt nach – mit dem berühmt gewordenen Wort: „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.“ Wie Jesus hier reagiert, das ist wohl provokant, aber ist es auch klug und weise - im vorhin genannten Sinn?

Ich möchte nun im Zusammenhang mit dieser Bibelstelle gedanklich selbst in die Rolle dieses Mannes schlüpfen. Angenommen ich begegne Jesus. Ich kann von mir sagen, ich bin ein überzeugter Anhänger des Menschensohnes. Ich frage Jesus was ich tun muss, um glücklich im Reich Gottes leben zu können. Jesus reagiert wohlwollend und nennt die sinnvollen Gebote menschlichen Zusammenlebens. Ich antworte darauf: Aber da bin ich ja dabei, ich bemühe mich um friedliches Zusammenleben, ich engagiere mich in der Gesellschaft, ich zahle gerne und pünktlich meine Steuern, inklusive Kirchensteuer, ich unterstütze gemeinnützige Tätigkeiten durch mein Tun, ich spende für Bedürftige, ich teile die Krankenkommunion aus und und und…. Und Jesus schaut mich an, umarmt mich und sagt dann: Gut machst du das, aber eines fehlt dir noch: „Verkaufe, was du hast, gib es den Armen und du wirst einen Schatz im Himmel haben“! Ich würde vielleicht nicht gleich weggehen, ich würde sagen: Jesus, Das schaffe ich nicht! Ich weiß, ich bin zwar nicht reich, aber doch wohlhabend, mir fehlt es an nichts Wesentlichem!

Ich tue auch gerne etwas für andere, aber auf meinen gesamten Wohlstand verzichten, das kann ich nicht. Vielleicht würde Jesus lächelnd darauf antworten: Aber du hast mich ja gefragt, wie wir das Reich Gottes verwirklichen können. Tu halt, soviel du schaffst, aber denke daran: Das Reich Gottes beginnt nicht erst im Himmel. Du sollst hier auf der Erde dein Möglichstes tun, um die Gerechtigkeit des Gottesreiches vielen, besonders den Armen, zu teil werden zu lassen. Im Weggehen denke ich mir: OK, da gibt’s ja auch bei mir noch einige Luft nach oben.

Dieses Gedankenspiel zu dem Evangelium könnte man noch fortsetzen: Stellen sie sich vor, sie sind der/die, die von Jesus mit seiner Forderung konfrontiert wird. Oder stellen sie sich die Menschen in unserer Kirche, in Österreich, in Westeuropa vor, wo doch - trotz allgemeinem großen Wohlstand – Verlustängste herrschen, wo viele Angst haben, dass einem die Armen einmal alles wegnehmen könnten, wo wir angeblich eine Art Festung bauen sollten, damit wir von den Ansprüchen der Armen nicht überrannt werden.

Wäre es klug von Jesus, uns, diese Menschen, mit der Ansage zu konfrontieren alles zu verkaufen, um es den Armen zu geben. Undenkbar, oder?

Im Lichte der Definition von klug bzw. weise, meine ich, dass die Antwort von Jesus an den Mann aber dann doch sehr weise ist, denn es berücksichtigt das, was wir von Weisheit erwarten: Dass es Zusammenhänge wahrnimmt, anerkennt und anzustrebende Lösungen benennt, auch wenn sie vorerst unerfüllbar erscheinen.

Dass es einen Zusammenhang zwischen Armut auf dieser Welt und Reichtum gibt, ist evident. In einem kurzen Gedicht von Bert Brecht heißt es: „Reicher Mann und armer Mann, standen da und sahn sich an. Und der Arme sagte bleich: Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich!“ Und die Vorsitzende der KAB, der Katholischen Arbeitnehmer*innen Bewegung, Anna Wall-Strasser formuliert folgende Predigtgedanken dazu: „Steigender Reichtum und steigende Armut bedingen einander – in Österreich und weltweit. Der Reichtum steigt, ebenso die Armut. Umverteilung zu den Reichen erfolgt auf Kosten der Armen. Reichtum und Armut spalten die Gesellschaft und trennen die Menschen. In der heutigen Bibelstelle wird die andere Seite benannt. Der Reichtum trennt, sagt Jesus. Er trennt vom Reich Gottes, weil er verunmöglicht, was es ausmacht: ein gutes, gemeinsames Leben aller Menschen.“ Soweit Anna Wall-Strasser und so gut und herausfordernd.

Ich sehe in der Bibelstelle allerdings noch einen anderen Aspekt als die Frage nach der gerechten Verteilung von Geld: Der Mann, dem Jesus empfiehlt seinen Besitz zu verkaufen, war traurig, denn er hatte ein großes Vermögen, heißt es. Nun, das Wort Vermögen hat ja nicht nur eine pekuniäre Perspektive, sondern wird auch synonym für Fähigkeiten und Talente verwendet. Jemand, der Großes zu vollbringen vermag, hat eben auch ein großes Vermögen, sei es nun ein sportliches, ein handwerkliches Talent, sei es das Vermögen, gut zu organisieren, sich künstlerisch zu betätigen oder das Vermögen, Menschen zuzuhören, bzw. deren Anliegen wahrzunehmen u.v.m.

Talente zu besitzen ist auch ein Besitz und wer solch ein Vermögen anderen zur Verfügung stellt, ohne sich dabei zu bereichern, bringt das Kamel durch das sprichwörtliche Nadelöhr und leistet somit einen Gottesdienst, der diese Welt im Sinne Jesu be“reich“ert und den Menschen hilft. Mir fällt da zum Beispiel unser Musikschulleiter Toni Sauprügl ein, der sein unglaubliches musikalisches Talent in unkomplizierter Weise sehr oft anderen – zum Beispiel in unserer Kirche, bei diversen Events innerhalb und außerhalb der Gemeinde, unter anderem auch unserem Chor Musica Vocalis, unentgeltlich zur Verfügung stellt.

Ob Geld oder Talent: Mögen viele Menschen, die Anregung Jesu aufgreifen soviel wie möglich davon den Bedürftigen zur Verfügung zu stellen. Das ist der Weisheit letzter Schluss für diese Welt und unsere menschliche Gemeinschaft.

Diakon Franz Hofmarcher

Predigt und Ministrantenaufname am 15. September

Geschätzte Gottesdienstgemeinschaft!

Ist ihnen heute zu Beginn der hl. Messe etwas aufgefallen?
War irgendwas eher untypisch für so einen „gewöhnlichen“ Samstag/Sonntag, wie diesen?

Ja, wir hatten den „großen Einzug“ mit den Ministranten
Und zwar nenne ich dieses Wochenende „Ministrantenwochenende“,
weil wir gestern und heute neue Ministranten willkommen heißen dürfen und uns bei einigen Minis bedanken werden.
Bei allen heiligen Messen FEIERN wir gemeinsam,
und als „Ministranten-Chefin“ ist mir heute besonders zu feiern zu Mute,
weil wir MEHR Ministranten aufnehmen als verabschieden dürfen.

Was vermutlich noch aufgefallen ist: dass ganz vorne der Kreuzträger mit dem Kreuz ging und die Ministrantenschar dem Kreuz nach folgte.
Heute gäbe es zur Lesung und zum Evangelium sehr viel zum Auslegen, ich möchte aber folgenden kurzen Teil der frohen Botschaft besonders zur Sprache bringen:
„Wenn einer hinter mir her gehen will, verleugne er sich selbst,
nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach“.

Nun hören wir in der Stelle
„Wenn einer hinter mir her gehen will, verleugne er sich selbst“.
Hier stelle ich die Frage: Ja passt denn das in die heutige Zeit?
Sich selbst verleugnen, wo wir doch unsere Kinder auf mehr „Selbstbewusstsein“ hin erziehen?
Ja, ich finde, es passt sogar SEHR gut. Dieses Selbst-Verleugnen dürfen wir nicht, als Sich-Selbst-Niedermachen, sich selbst ablehnen/abwerten/sich nicht selbst annehmen verstehen.
Es heißt viel mehr: Dass wir nicht zu Egoisten werden und NUR UNS an die erste Stelle setzen sollten, sondern uns eher ein Stück zurücknehmen sollten. Dass wir unser Leben nicht nur an unsere eigenen Bedürfnisse, Wünsche, Träume ausrichten, sondern uns an Jesus orientieren sollen.

Und dann stand: „Er nehme sein Kreuz und folge mir nach“

Da steht nicht, wir sollen das Kreuz von Jesus tragen.
Nein, jeder von uns hat sein eigenes Kreuz zu tragen.
Wir kennen es von Mundart-Aussprüchen: „Mein Gott, der hot owa a schwas Kreuz zu tragen.“
Ja, jeder von uns hat seine eigene Lebensgeschichte, jeder von uns hat Phasen im Leben, wo wir ein schweres Los zu tragen haben, da müssen wir wohl oder übel durch.
Jeder hat sein eigenes Kreuz zu tragen, diese Last nimmt er uns nicht ab.
Aber Gott schenkt uns Hoffnung. Hoffnung auf das ewige Leben.

„Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst,
nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.


Wir sollten hinter Jesus her gehen – ihm folgen, ihm glauben, dass er wahrer Gott und wahrer Mensch war – und uns nach ihm orientieren.

Liebe Ministranten und nun bin ich wieder bei euch.
Ihr habt uns eure Bereitschaft mitgeteilt, dass auch ihr Jesus folgen wollt und ihm nachgehen möchtet.
Es gäbe sooooo viele andere Möglichkeiten, als bei einer hl. Messe zu ministrieren (zB Buch lesen, Freunde treffen, Handy spielen,... was auch immer) – aber ihr stellt eure Bedürfnisse etwas zurück und helft, dass die Worte und Taten von Jesus auch heute noch bei den Menschen ankommen.
Ein großes Danke seitens unserer Pfarrgemeinde für euren wertvollen Dienst!
Ich möchte mich auch an dieser Stelle bei allen anderen bedanken, die mithelfen, dass wir uns in Purgstall über 92 Ministranten freuen dürfen:
Allen voran Hrn. Pfarrer, dem eine zufriedene Ministrantengemeinschaft ein Herzensanliegen ist, den 15 Minihelfern die dafür Sorge tragen, dass sich die Minis wohl fühlen, die Eltern/Großeltern, die auf den Kalender schauen und an die Termine erinnern und ev. den Taxi-Dienst machen – und natürlich euch Minis, dass ihr euren Dienst ernst nehmt und uns so gewissenhaft unterstützt!

Wir begrüßen dieses Wochenende insgesamt 22 neue Ministranten und werden uns bei 16 bedanken.

Ich darf nun die neuen bitten aufzustehen, um vor den Altar zu gehen.
Bitte stellt euch mit Namen und der Straße, in der ihr lebt, vor.
Unser Hr. Pfarrer wird den neuen Minis den Ministrantenausweis und den ausscheidenden Minis ein kleines Dankeschön überreichen.

Aktuell haben wir somit 92 Ministranten,
die ihren Dienst in der Pfarre Purgstall ausüben.

Doris Sturmer

Predigt vom 8. September

Liebe Gottesdienstgemeinschaft!

Begegnung mit Jesus bringt Heilung und Heil. Im Evangelium haben wir gerade von einem Taubstummen gehört, den er heilt.

Taub und stumm sein – das können wir zunächst einmal wörtlich nehmen: er hört und redet nicht. Im übertragenen Sinn ist die Bedeutung viel breiter und tiefer:
Taub sein kann bedeuten: nicht hören wollen, was in der Welt alles schlimmes los ist; dass ich taub bin für die Probleme anderer; dass so viele Dinge auf mich einströmen und ich einfach nichts neues mehr hören kann; dass ich anderes höre als gemeint ist; dass ich einsam bin und es nichts zu hören gibt für mich; ...
Stumm sein kann bedeuten: dass ich meine Meinung nicht sagen darf oder kann; was ich erzählen oder mitteilen will, wird nicht gehört, ich komme nicht zu Wort und werde immer stiller; ich bin sprachlos vor dem Leid und der Not der Welt; ich habe Angst, mich anderen zu öffnen und mitzuteilen...

Auf diesem Hintergrund, was taub und stumm sein alles bedeuten kann, schauen wir nochmals auf das Evangelium: „Da brachten sie zu ihm einen, der taub war und stammelte.“

Es ist von „einem“ die Rede, den „sie“ zu Jesus brachten. Wir wissen nicht, wer „sie“ sind, wir kennen auch den Namen des „einen“ nicht. Da können wir versuchen, unseren eigenen Namen einzusetzen: Monika, Johanna, Renate, Josef, Peter, Maria, Franz, Leonie, Felix… „Da brachten sie zu ihm Monika, die taub war und stammelte.“ Auf einmal bekommt die Erzählung eine andere, persönliche Dimension.

Wir alle bringen viel mit in unserem Leben, unser ganz persönliches Taub- und Stumm sein.

Aber da gibt es auch die „sie“, die, die uns bis hierher gebracht haben, Menschen, die an unserer Seite stehen, denen wir viel verdanken. Es ist immer wieder gut, sich ganz bewusst und dankbar an die zu erinnern, die uns in unserem Leben begleiten, die uns viel mitgeben oder mitgegeben haben, die uns auch stützen und tragen, wenn wir das nötig haben.
Und vielleicht gehöre auch ich manchmal zu diesen „sie“, wo ich „einen“ begleite zu Jesus, „einen“ annehme in seiner Taubheit und Stummheit.

Dann kommt es für den Taubstummen zu der Begegnung mit Jesus, zu einer Begegnung ganz besonderer Art. Es ist keine 08-15- Begegnung. „Er nahm ihn beiseite“, heißt es, weg von dem Trubel, den das Auftreten Jesu oft hervorruft. Dadurch entsteht ein intimer Raum, in dem sich die beiden anblicken, wahrnehmen, aufeinander einlassen können. Das ist vielleicht der 1. und wichtigste Schritt zum Heil werden: wahrnehmen, aufeinander einlassen, anblicken.

Jesus schafft einen intimen Raum, einen geschützten Raum und er nimmt sich Zeit. Es geht um Berührung und die Erfahrung von Angenommen sein – durch das Da-sein, das Zuhören öffnet und löst sich etwas.

Ich glaube und hoffe, dass es viele Menschen gibt, die anderen intensive, heilsame Begegnungen im Leben ermöglichen. Vielleicht geht es uns wie dem Taubstummen und wir treffen auf Menschen, die uns berühren, da sind für uns und damit ein Stück Heilung ermöglichen. Vielleicht liegt in der Erfahrung von Neuem oder Unverständlichem ein unerwarteter Impuls für unser Leben. Vielleicht entdecken wir im Zusammenkommen mit Menschen unsere speziellen Gaben und Fähigkeiten neu. Vielleicht erleben wir eine religiöse, spirituelle Begegnung, die uns neue Horizonte eröffnet.

Was dabei von uns gefordert ist, ist wenig und viel zugleich. Es ist das Sich-Aussetzen und Sich-berühren-Lassen, wie es der Taubstumme an sich geschehen hat lassen.

Dann werden auch wir aus solchen Begegnungen als Hörende herausgehen, als Menschen, die ein offenes Ohr für andere haben, als Menschen, die wahrnehmen und verstehen können, was in unserer Welt geschieht, als Geöffnete für Gott. Wenn es vom Taubstummen heißt, er konnte nach seiner Begegnung mit Jesus wieder „richtig“ reden, so entspricht das, denke ich, auch bei uns einem täglichen Wunsch: richtig zu reden, das Richtige und Wichtige zu sagen - nicht nur mit Worten, sondern mit unserem Tun und mit unserem ganzen Leben.

Lassen wir uns von Jesus berühren und öffnen: Für neue, bereichernde Begegnungen, für Begegnungen, die unseren Horizont erweitern, die uns stärken und fähig machen, selber zu heilsamen Menschen zu werden.


Monika Liedler

Predigt vom 25. August

Liebe Gottesdienstgemeinschaft!

Ich hätte mir ja auch die Lesung aus dem ersten Testament aussuchen können. Aber nein, ich wollte diesmal den Stier bei den Hörnern packen und über eine Bibelstelle sprechen, bei der es einem in der heutigen Zeit die Haare aufstellt und die Rede verschlägt. Mir eben nicht, denn ich werde mit ihnen meine Gedanken zu diesem Teil des Epheserbriefes teilen. Für meine Ausführungen ist es wichtig zu wissen, dass dieser Brief ziemlich sicher nicht direkt vom Apostel Paulus stammt, sondern ca. 100 nach Christus wahrscheinlich von einer Autorengruppe verfasst wurde, die sich auf Paulus berief.

Die Autoren versuchen dabei in dem Abschnitt, den wir hörten, die Liebe Christi zu seiner Kirche mit dem Bild der Liebe des Mannes zu seiner Frau zu deuten – „ich beziehe es auf Christus und die Kirche“ – haben wir da gehört.

Selbst wenn man die Zeit miteinrechnet, in der dieser Text geschrieben wurde, steckt vordergründig ziemlich viel männlicher und Chauvinismus in den Aussagen, werden augenscheinlich damit so starke patriarchale Ehe – und Gottesbilder transportiert, dass sie bis heute – tausende Jahre später noch immer wirken.

Noch einmal ein paar Textbeispiele: „Ihr Frauen ordnet euch den Männern unter, denn der Mann ist das Haupt der Frau“, oder: „Wie aber die Kirche sich Christus unterordnet, so sollen sich auch die Frauen in allem den Männern unterordnen“, oder: „Indessen sollt auch ihr, jeder Einzelne (Mann) seine Frau lieben wie sich selbst, die Frau aber ehre ihren Mann!

Aber jetzt kommt´s: Ganz am Anfang nämlich, und in der Mitte konterkariert sich der Text selbst: Es heißt ja gleich zu Beginn: „Einer ordne sich dem anderen unter in der gemeinsamen Ehrfurcht zu Christus“. Ebenso stark die Aussagen darüber, dass die Männer ihre Frauen so lieben sollen, wie Christus geliebt hat, nämlich durch Hingabe. Durch liebende Hingabe der Männer soll den Frauen ein Aufblühen, ein Entwickeln ihrer Talente ermöglicht werden. So interpretiert diese Stelle die Theologin Katrin Brockmöller.

Was das Rollenverständnis von Mann und Frau betrifft, liegt also schon eine gewisse Ambivalenz in dieser Bibelstelle.

Ich bin trotzdem überzeugt, dass von diesen Bibelaussagen grosso modo nur genau jene patriarchalen und paternalistischen, letztlich frauenfeindlichen Lebensbilder übriggeblieben sind, wie wir sie in Familie, Gesellschaft und Kirche über Jahrhunderte bis heute feststellen konnten und können.

Viele Frauenrechte wurden ja erst in den letzten Jahrzehnten erkämpft: Man stelle sich vor: Erst seit 1975 dürfen Frauen von Gesetzes wegen ohne Erlaubnis des Mannes außerhalb des Hauses einer Arbeit nachgehen, erst 1989 wird die Vergewaltigung in der Ehe strafbar und erst 1993 tritt das sogenannte Gleichbehandlungsgesetz in Kraft.

Auch in der Frauengleichberechtigung mahlen Gottes Mühlen langsam, aber beständig. Inzwischen sind Frauen beispielsweise die Mehrheit der Studierenden. Trotz vieler Hindernisse erobern Frauen immer mehr Posten in führenden Positionen und, wer weiß, werden wir in Kürze eine farbige amerikanische Präsidentin haben.

Gesellschaftliche Richtlinien, besonders in Sachen Frauen, wie sie in verschiedenen Varianten von der paulinischen Zeit bis heute gegolten haben, sind in Fluss geraten, werden revidiert, hinterfragt oder zumindest diskutiert. (Dass sich hier die Gesellschaften in der Welt nicht im gleichen Tempo bewegen, manchmal sogar Rückschritte gemacht werden (siehe Taliban in Afghanistan) ist bedrückend, aber leider normal)

Wenn unsere Kirche in dieser unserer Gesellschaft im Sinne Christi wirken will, dann kann sie sich nicht nur auf gesellschaftliche Zustände zur Zeit des Paulus berufen, sondern muss sich Veränderungen stellen – in vielerlei Hinsicht, aber eben auch ganz besonders in der Frauenfrage. Und im Speziellen auch in der Sache von Frauen in kirchlichen Weiheämtern.

Ich bin sicher, dass es auch in unserer Kirche eine Weihe von Frauen zu Diakoninnen und Priesterinnen kommen wird. Im Sinne von „Gottes langsam mahlenden Mühlen“ ist das nicht eine Frage ob, sondern eher eine Frage wann.

Es gibt mehrere Argumente, die meine Aussage stärken, drei möchte ich kurz hier ausführen:

1. Die menschliche Gesellschaft ist im Fluss – panta rei – alles fließt, heißt ein unumstößlicher Grundsatz des Lebens. Das betrifft auch unsere Kirche – dort sagen wir eben: Ecclesia semper reformanda est, was so viel heißt wie: Die Kirche muss immer reformiert werden“. Das steht so schon im vatikanischen Konzilstext.

In diesem Reformprozess kommt die Tatsache der Frauenweihe immer mehr aufs Tapet, weil einerseits viele einfache Männer und Frauen in der Kirche nicht mehr verstehen können, warum man Frauen die Weiheämter verwehrt, andererseits viele Theologen und Theologinnen starke wissenschaftliche Argumente für die Frauenweihe ins Treffen führen.

Zum Beispiel die feministische Theologin Margit Eckholt, die uns auf der österreichweiten Diakonentagung vorigen Herbst die Notwendigkeit und Möglichkeit von Diakoninnenweihen mit der Existenz von Diakoninnen schon in den ersten christlichen Gemeinden zu Zeiten des Paulus bewies.

2. Es ist schade, dass in Zeiten höchster priesterlicher Not – es werden uns abertausende Priester und Seelsorger in Zukunft fehlen – Menschen, eben auch Frauen, die priesterlich tätig sein wollen, daran gehindert werden.

Ich sehe darin eine Selbstbeschädigung der Kirche und im Übrigen eine Missachtung des Auftrages Christi.

3. Für mich hat sich die Gottesmutter Maria von einem überaus jungen Mädchen zu einer für die damalige Zeit modernen, selbstbewussten Frau entwickelt, die sich mit ihren Anliegen in ihrem Umfeld durchgesetzt hat – und letztlich Christus, den Gottessohn und damit seine frohe Botschaft, zur Welt brachte. Warum sollen sich dann Frauen in der heutigen Zeit nicht durchsetzen und die frohe Botschaft jenes Christus auch in Ordination (= geweiht) verkünden?

Das oft vorgebrachte Argument, dass Frauen in der Kirche ja ohnehin in allem wirken können, auch wenn sie nicht geweiht sind, zählt für mich nicht, denn - wie ich ausgeführt habe - verhindert es genau das ,was in der heutigen Lesung eben auch intendiert ist,: Dass sich die Männer bemühen sollen, die Talente der Frauen zur vollen Entfaltung zu bringen und bis zur vollen Anerkennung zu fördern, auch wenn sie dadurch Macht abgeben müssen und sich – in veränderten gesellschaftlichen Bedingungen - auch in der Kirche unterordnen lernen müssen.

Diakon Franz Hofmarcher

Predigt vom 15. August - Maria Himmelfahrt

Geschätzte versammelte Gottesdienstgemeinschaft!

Es gibt ja viele Marienfeste im Laufe eines Jahres. Beginnend mit dem 1. Jänner, dem Hochfest der Gottesmutter Maria, feiern wir jetzt Maria Himmelfahrt, den „Großen Frauentag“ wie er auch genannt wird und in einer Woche das Fest „Maria Königin“.

Zwei Feste, die ja im Rosenkranz ihren Ausdruck finden, wenn wir beten: „…Jesus, der dich o Jungfrau in den Himmel aufgenommen hat“ und: „… Jesus, der dich o Jungfrau im Himmel gekrönt hat.“

Alles Feste, die die Größe Mariens in den Vordergrund stellen. Größer, höher geht es nicht als „In den Himmel“ und dort auch noch „Königin“!

Und doch sticht ein Nebensatz im heutigen Evangelium ins Auge, der eigentlich eine ganz andere Sprache spricht. Dieser Satz aus dem Magnificat: „… denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut.“

In Paris sind vor wenigen Tagen die olympischen Sommerspiele zu Ende gegangen. Ein gewaltiges Schauspiel, das einige neue Königinnen und Könige des Sports gekrönt hat. Ein Spektakel, das einige wenige in den Olymp emporhebt, andere, viele in den Hintergrund, manche ja fast in den Abgrund drängt. Insgesamt ist eine Leistungsschau der menschlichen Spezies.
Und was sagt Maria? „Siehe, ich bin die Magd des Herrn“ und eben „denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut“.
Ist das Christentum wirklich so weltfremd, dass es nicht kapiert, dass nur die Stärksten und Schnellsten den Sieg davontragen werden, dass den Starken die Welt gehört?
Ja, so oder so ähnlich spricht die Welt, nicht nur in der Welt des Sports, vor allem auch in der Welt der Militärs, und auch in der Welt der Wirtschaft. Ja die Welt kennt vieler solcher Sprüche und Einstellungen. Es ist durchaus reizvoll – und ich möchte die Leistung einzelner Menschen dabei gar nicht schmälern – auf die Erfolgreichen zu sehen – und sie werden ja gern herumgereicht und hergezeigt.
Aber: scheinbar sehen wir dabei nicht, oder wollen es übersehen, dass es bei so einem Wettkampf nur eine Handvoll Sieger und ein Viel- viel- vielfaches an Verlierern gibt.

Wenn ich Gott richtig verstehe, dann möchte er aber keinen einzigen Verlierer haben. Bei Gott – so denke ich – sollte es nur Gewinner geben!

Was aber ist der große Gewinn, wenn wir im Glauben von einem großen Sieg reden?
Ist es tatsächlich das, was wir selbst leisten können? „Wer kann dann noch gerettet werden“ fragen zurecht die Jünger einmal.
Ist es tatsächlich die eigene Erfolgsgeschichte? „Die Ersten werden die Letzten sein“ antwortet darauf Jesus.
Ist es nicht vielmehr die Tatsache, dass Gott jeden und jede im Blick hat und Großes mit diesem Menschen vorhat? Ist es nicht genau das, wovon Maria spricht, wenn sie sagt: „Von nun an preisen mich selig alle Geschlechter“.

Kann, ja muss man dann nicht das Wort Marias übersetzen mit: „Auch in meiner Niedrigkeit hat Gott mich gesehen, trotz meiner Kleinheit hat der Mächtige Großes an mir getan“. Es ist und bleibt das Geschenk Gottes! Das erkennt Maria und das ist für sie Kraftquelle und Erfüllung.

Was steht mir im Wege, dass ich glauben kann, dass Gott es nicht nur gut mit mir meint, sondern dass er tatsächlich auch an mir Großes tun will?
Was steht mir im Wege, zu erkennen, auf welch vielfältige Art und Weise er mir begegnet, beisteht, hilft?

Der Engel sagt zu Maria: „Für Gott ist nichts unmöglich!“
Ich hoffe, einmal mit Maria sagen können: „Meine Seele preist die Größe des Herrn, denn Großes hat der Herr an mir getan“

Und so bete ich:
Maria, du Schwester im Glauben, von dir können wir lernen, dass die Zumutungen Gottes, eine Bereicherung sein können.
Maria, du Schwester im Glauben, an allen Stationen deines Weges mit Jesus lehrst du uns: es ist gut, auf Gott zu hören, ihm zu vertrauen, mit dir im Gebet seine Nähe zu suchen. Auch in Trauer und Not.
Maria, du Schwester im Glauben, du zeigst uns, wie Lobpreis und Dank das Leben füllt. Wie der Blick Gottes uns aufwertet und unser Herz weit macht.


Amen

Diakon Peter Leichtfried